Mythen im Ukraine-Krieg

Shownotes

Für Agnieszka Pufelska sind Mythen Glaubenssätze, die nicht infrage gestellt werden und keinen Bezug zur Realität haben. Präsident Putin nutze zur Kriegsrechtfertigung gegen die Ukraine tief im russischen Selbstbewusstsein verwurzelte Mythen. Den heilsgeschichtlichen Mythos als Retter vor "dem Faschismus" und "westlicher Dekadenz". Russland sei danach auch die "letzte Bastion des Christentums". Auf der anderen Seite, der ukrainischen, sieht Pufelska einen Mythos von der Kiewer Rus. Einen Bezug auf das mittelalterliche Reich mit der Hauptstadt Kiew. Dessen Nachfolger sei in diesem Mythos nicht Russland, sondern die Ukraine. Kiew sei danach das "ukrainische Jerusalem". Für Agnieszka Pufelska sind Mythen eine "kraftspendende Erzählung, die man braucht, um Kollektive zu gründen, um Gemeinschaften zu etablieren, um auch diese Gruppen zu mobilisieren."

Dr. Agnieszka Pufelksa ist in der Nähe von Warschau aufgewachsen und lehrt heute als Historikerin an der Universität Potsdam Allgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit. Sie habilitierte sich über das polnische Preußenbild in der Zeit der Aufklärung und arbeitete unter anderem zu Deutschen und Juden als Feindbilder in Polen und zum sogenannten jüdischen Bolschewismus als Propagandainstrument in der Weimarer Republik.

Dr. Heiner Wember ist Radiojournalist und Historiker aus Münster.

Die didaktischen Materialien finden Sie hier: [https://www.historycast.de/kopie-von-staffel-1]

Staffel 2, Folge 1 des historycast - was war, was wird? des Verbandes der Geschichtslehrerinnen und -lehrer Deutschlands e. V. [http://geschichtslehrerverband.de]

Gefördert wird das Projekt durch die Bundesbeauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

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Was war - was wirdDer Historycast des Verbandes der Geschichtslehrerinnen und Geschichtslehrer Deutschlands

Staffel 2: Zauber, Kult, Verschwörungsdenken.

Staffel 2: Zur Geschichte der „Unvernunft“.

Folge 1: Mythen im Ukraine-Krieg

Folge 1: Heiner Wember im Gespräch mit Agnieszka Pufelska

WEMBER: Kein Angreifer in einem Krieg würde zugeben, dass er handelt aus Habgier, Machtbesessenheit oder Angst. Das würde abstoßend wirken auf Beobachter und auf das eigene Volk. Wer andere überfällt, braucht eine Erzählung, einen Mythos, der den Krieg rechtfertigt, ihn als unvermeidlich erklärt, eine Geschichte, auf die sich die Gruppe der Angreifer verständigen kann, egal ob sie stimmt oder frei erfunden ist, einen Glaubenssatz. Ähnliches gilt für die Angegriffenen. Sie brauchen ebenfalls einen verbindenden Mythos, eine gemeinsame Erzählung für den Zusammenhalt, um sich auch mental wehren zu können. Welche Mythen im Ukraine-Krieg eine Rolle spielen, darüber wollen wir heute sprechen. Doch vorab, Frau Pufelska, mit welchem Mythos sind Sie als Polin denn groß geworden?

PUFELSKA: Mit dem Opfermythos. Der Mythos reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück.

PUFELSKA: Warum? Was war da?

Polen hat sich als Antemurale Christianitatis verstanden. Das heißt: als Vormauer des Christentums gegen das Osmanische Reich, wenn man so will, gegen die Türken, und als Grenzland. Aber auch als Grenzland gegenüber den russischen Barbaren. Und nach dem Motto, Polen ist dazu auserkoren, oder damals noch Polen-Litauen, christliche Zivilisation für Europa zu retten. Und dieser Mythos wurde dann pervertiert und umgedeutet, aber immer in dem Kontext von polnischem Opfertum. Und dieser Mythos wurde dann durch die Kriege, durch die Teilungen und natürlich durch den Zweiten Weltkrieg stark ausgedehnt und noch verstärkt. Also ich bin in dem, also wenn Sie so wollen, starken Mythos von Polen als Opfer aufgewachsen.

Polen hat sich als Antemurale Christianitatis verstanden. Das heißt: Ob er noch weiter wirkt, darüber werden wir später sprechen. Zunächst möchte ich Sie vorstellen. Agnieszka Pufelska ist in der Nähe von Warschau aufgewachsen und lehrt heute als Historikerin an der Universität Potsdam Allgemeine Geschichte der Frühen Neuzeit. Sie habilitierte sich über das polnische Preußenbild in der Zeit der Aufklärung und arbeitete unter anderem zu Deutschen und Juden als Feindbilder in Polen und zum sogenannten jüdischen Bolschewismus als Propagandainstrument in der Weimarer Republik. Frau Pufelska, was ist denn überhaupt ein Mythos?

Polen hat sich als Antemurale Christianitatis verstanden. Das heißt: Mythos ist meiner Ansicht nach ein Kraftspender, der die Geschichte strukturiert, um sie dann für die Gegenwart zu nutzen.

Polen hat sich als Antemurale Christianitatis verstanden. Das heißt: Kraftspender klingt so positiv.

Polen hat sich als Antemurale Christianitatis verstanden. Das heißt: Ja, wenn Sie so wollen, ist es auch eine Erzählung, eine kraftspendende Erzählung, die man braucht, um Kollektive zu gründen, um Gemeinschaften zu etablieren, um auch diese Gruppen zu mobilisieren.

Polen hat sich als Antemurale Christianitatis verstanden. Das heißt: Der israelische Historiker Harari argumentiert ja, dass diese Erzählungen, auch Glaubenssysteme, so eine Art Betriebssystem seien, um sich überhaupt zu verständigen und eine Grundlage zu haben, die man nicht ständig wieder neu ausdiskutieren muss.

Polen hat sich als Antemurale Christianitatis verstanden. Das heißt: Genau, das sind Glaubenssätze. Also es wird nicht infrage gestellt. Also es geht natürlich auf den griechischen Mythos zurück, wo die Götter eingegriffen haben, also die Verknüpfung von übersinnlicher, göttlicher Kraft und menschlicher Kraft. Und diese göttliche Kraft noch aus der griechischen Mythologie wurde mittlerweile durch Begriffe wie Nation ersetzt. Und jetzt ist Nation sozusagen das Göttliche im Mythos. Und deswegen wird das nicht infrage gestellt, gerade in den nationalen Mythen.

Polen hat sich als Antemurale Christianitatis verstanden. Das heißt: Ein Realitätsbezug spielt da nicht so eine große Rolle?

Im Gegenteil, es stört sogar. Also Nation ist eine nicht erfahrene Gemeinschaft. Also alles, was mit der Realität und mit Differenzierung zu tun hat, schadet dem Mythos. Insofern ist es, wie gesagt, wie eine Doktrin, ein Glaubenssatz, der befolgt werden soll, ohne das infrage zu stellen. Und das ist eben das Interessante am Mythos, dass er das schafft. Das heißt also: Mythen verlangen nicht nach Erklärung. Sie werden wahrgenommen und geliebt und propagiert, ohne differenziert zu sein.

Im Gegenteil, es stört sogar. Also Nation ist eine nicht erfahrene Gemeinschaft. Also alles, was mit der Realität und mit Differenzierung zu tun hat, schadet dem Mythos. Insofern ist es, wie gesagt, wie eine Doktrin, ein Glaubenssatz, der befolgt werden soll, ohne das infrage zu stellen. Und das ist eben das Interessante am Mythos, dass er das schafft. Das heißt also: Beginnen wir mit dem Angreifer, mit Russland. Welche Mythen beschwört und besetzt Präsident Putin, um den Angriff auf die Ukraine zu begründen?

Das sind mehrere Mythen. Und ich würde sagen, Putin ist kein Ideologe. Also ich erkenne bei Putin keine eindeutige Ideologie. Was er macht: Er bedient russische und sowjetische Mythen, die sehr tief im russischen Selbstbewusstsein verankert sind. Und der erste Mythos ist natürlich der missionarische Mythos, also dass die Russen eine heilsgeschichtliche Funktion in der Welt haben und müssen die Welt erlösen, vor allem die christliche Welt. Und das greift gerne Putin auf. Der zweite Mythos…

Das sind mehrere Mythen. Und ich würde sagen, Putin ist kein Ideologe. Also ich erkenne bei Putin keine eindeutige Ideologie. Was er macht: Meinen Sie damit auch die Retter vor dem Faschismus zum Beispiel? Das ist die moderne Form des Mythos.

Das sind mehrere Mythen. Und ich würde sagen, Putin ist kein Ideologe. Also ich erkenne bei Putin keine eindeutige Ideologie. Was er macht: Zum Beispiel. Also nicht nur vor dem Faschismus, aber vor der westlichen Dekadenz.

Das sind mehrere Mythen. Und ich würde sagen, Putin ist kein Ideologe. Also ich erkenne bei Putin keine eindeutige Ideologie. Was er macht: Und deswegen ist die Verbindung von Putin und Kyrill, also dem Oberhaupt der russischen-orthodoxen Kirche, so eng.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Das erste Rom ist untergegangen, das zweite Rom, das heißt Konstantinopel, ist auch untergegangen, und Moskau ist sozusagen das letzte Rom, die letzte Bastion des Christentums.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Deswegen hieß der Zar ja auch Zar.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Zar, genau, von Gottes Gnaden. Deswegen war die Trennung zwischen Thron und Altar in Russland nie so stark wie das in Westeuropa war.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Es gab dort ja auch keinen Investiturstreit im Mittelalter zum Beispiel, wodurch ja die katholische Kirche immer eine starke Position hatte.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Manche würden sagen, es gab keine Aufklärung. Es gab keine Französische Revolution, beziehungsweise die Französische Revolution hatte keine Auswirkung auf Russland gehabt. Russland hatte eine absolutistische Regierung, die unantastbar war zu diesem Zeitpunkt, als fast in ganz Europa diese revolutionären Bewegungen stattgefunden haben. Insofern gibt es diese Traditionen nicht der Trennung zwischen Staat und Kirche. Und Kirche war, wie soll ich sagen, manchmal vielleicht klüger als anderswo, weil sie sich gerne dem Herrscher angepasst hat.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Angepasst hat oder sich unterstellt hat. Und sie wussten, dass sie davon am besten profitieren, wenn sie jetzt keine Alleingänge starten, wie das häufig in Europa oder in Westeuropa der Fall war. Und deswegen ist die Verbindung so eng und dieses heilsgeschichtliche Denken auch so stark. Und kurzum. Russland muss die Welt retten, die christliche Welt retten vor dem Untergang, vor der westlichen Dekadenz, die keine Werte mehr, keine moralischen Werte mehr vertritt.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Welche Werte vertritt denn dieser russische Mythos dann?

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Familie, Gott, Vaterland, Nation, Gottesliebe, Einheit und Kollektivität. Also wogegen sich dieser russische Mythos vehement einsetzt, ist, wenn Sie so wollen, der westliche Individualismus, dass jeder für sich alleine ist. Und in Russland ist keiner alleine.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Sie haben zu Beginn gesagt, dass Putin kein Ideologe sei. Er nutzt diesen Mythos.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Er nutzt diesen Mythos, der seit dem 19. Jahrhundert stark vertreten ist. und natürlich wurde dieser Mythos auch von Dostojewski stark unterstützt mit seiner Behauptung, dass die Russen, er bezeichnete Russen als die einzigen wahren Gottesträger in der Welt oder in Europa. Und dabei meine ich immer die christliche Religion.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Das ist ja schon mal eine starke Missionsaufgabe.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Das ist starke Missionsaufgabe. Damit können Sie richtig in den Krieg ziehen.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Wirkt das denn auch, oder ist das mehr so ein Mäntelchen, was umgehängt wird?

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Ich glaube schon. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus gab es diese Ideen nicht. Und ich glaube, Putin hat das aufgegriffen, wonach sich die Mehrheit gesehnt hat. Und abgesehen davon ist es immer besser zu wissen, wie die Welt funktioniert. Also Putin bietet eine Orientierungsidee.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Früher war es besser, ist seine Botschaft.

Dazu kommt noch das Selbstverständnis in Russland oder Moskau als das dritte Rom. Nach dem Motto: Genau. Also früher war es chaotisch und alles brach auseinander und jetzt kommt Putin und vereinheitlicht es wieder, erklärt uns die Welt. Es entlastet auch. Also diese heilsgeschichtlichen Ideen sind auch Entlastungsstrategien. Man muss nicht selbst denken.

Früher war alles berechenbarer zur Zeit der Sowjetunion. Die Wurstpreise, die Brötchenpreise und die Zahl der Atomraketen, die Welt war geordnet und sortiert. Ist das auch ein Mythos, der bedient wird: In der Sowjetunion war alles besser, in der Zeit der globalen Größe Russlands?

Es geht auch um die Stabilität in Auszahlung von Renten, Stabilität eben in der Orientierung. Man wusste, man kriegt kein Auto in den nächsten zwanzig Jahren, man muss Anträge stellen. Es funktionierte alles nach einem bestimmten Schema. Und eben nach dem Ende des Kommunismus brach das alles zusammen. Man musste sich neu orientieren. Man wurde ins Chaos geworfen. Und da kommt jemand und sagt: Ich bringe euch zurück zu dieser Kontinuität, Denken, und entlaste euch und ich zeige euch den richtigen Weg. Und wenn der Weg noch moralisch begründet ist, national, dann kommt er umso besser an.

Es geht auch um die Stabilität in Auszahlung von Renten, Stabilität eben in der Orientierung. Man wusste, man kriegt kein Auto in den nächsten zwanzig Jahren, man muss Anträge stellen. Es funktionierte alles nach einem bestimmten Schema. Und eben nach dem Ende des Kommunismus brach das alles zusammen. Man musste sich neu orientieren. Man wurde ins Chaos geworfen. Und da kommt jemand und sagt: Putin ist kein Ideologe, sagen Sie, dann kann er auch kein Faschist sein.

Es geht auch um die Stabilität in Auszahlung von Renten, Stabilität eben in der Orientierung. Man wusste, man kriegt kein Auto in den nächsten zwanzig Jahren, man muss Anträge stellen. Es funktionierte alles nach einem bestimmten Schema. Und eben nach dem Ende des Kommunismus brach das alles zusammen. Man musste sich neu orientieren. Man wurde ins Chaos geworfen. Und da kommt jemand und sagt: Je nachdem, wie wir Faschismus verstehen. Also ich habe was dagegen, wenn alle sozusagen den Faschismusbegriff aufgreifen und sich des Begriffes bedienen, weil – Faschismus ist für mich, also als Historikerin, hat bestimmte Eigenschaften. Und insofern, ich weiß nicht, ob Putin Faschist ist. Ich glaube nicht. Ich glaube wie gesagt, er ist eher eine Zusammensetzung aus allen möglichen Ideen, und die nutzt er und die instrumentalisiert er je nach Bedarf, ohne jetzt eine Kontinuität im Denken vorzuweisen. Und Faschist, ich würde ihn nicht als Faschisten bezeichnen.

Es geht auch um die Stabilität in Auszahlung von Renten, Stabilität eben in der Orientierung. Man wusste, man kriegt kein Auto in den nächsten zwanzig Jahren, man muss Anträge stellen. Es funktionierte alles nach einem bestimmten Schema. Und eben nach dem Ende des Kommunismus brach das alles zusammen. Man musste sich neu orientieren. Man wurde ins Chaos geworfen. Und da kommt jemand und sagt: Stalin spielt wieder eine größere Rolle, vor allen Dingen die Rehabilitierung seiner Person. Warum?

Es geht auch um die Stabilität in Auszahlung von Renten, Stabilität eben in der Orientierung. Man wusste, man kriegt kein Auto in den nächsten zwanzig Jahren, man muss Anträge stellen. Es funktionierte alles nach einem bestimmten Schema. Und eben nach dem Ende des Kommunismus brach das alles zusammen. Man musste sich neu orientieren. Man wurde ins Chaos geworfen. Und da kommt jemand und sagt: Ich weiß nicht, ob Sie das wissen, aber wenn man zum Beispiel in Russland Stalinismus mit Nationalsozialismus gleichsetzt, dann wird das strafbar. Man darf es nicht tun. Genau aus demselben Grund. Stalin hatte eine starke Führerrolle, und es hat eine Idee, dass Millionen von Menschen für diese Idee sterben mussten, wurde offensichtlich ganz schnell vergessen. Aber er hat eine Idee der großen Sowjetunion gehabt. Und die Sowjetunion war eine Macht in der Welt. Er hat den Machtanspruch, der immer in Russland und in der Sowjetunion vorhanden war, aufgegriffen und vertreten. Und insofern ist er deswegen auch so populär, weil er diese imperiale Tradition fortgesetzt hat. Und man kann sozusagen wieder eine Kontinuitätslinie vom Zaren über Stalin bis Putin ziehen.

Da wird ein Mythos ganz stark befeuert, nämlich der Siegesmythos. Der 9. Mai wird ja jedes Jahr größer gefeiert und dramatischer und martialischer auch. Jetzt beim letzten Mal gab es wohl einen Autoaufkleber darauf stand: Danke, Opa, für den Sieg. Wo die Großvätergeneration noch mal besonders hochgejubelt wird als Retter vor dem Faschismus. Das spielt dann auch rein in diesen Mythos von Wiederauferstehung des imperialen Reiches?

Da haben wir es noch mal. Also die Instrumentalisierung der Vergangenheit für die Gegenwart, das ist eine sehr starke Komponente von Mythos. Was Putin erzählt, ist auch eine Geschichte der Siegeszüge, nach dem Motto: Die russische Nation oder das russische Volk ließ sich nie unterkriegen, wir haben immer siegreich gekämpft. Das ist natürlich auch eine mobilisierende Parole und aufbauende. Und der Zweite Weltkrieg spielt eine enorme Rolle in Russland heute, weil man dadurch behaupten kann: Die Millionen von Opfern waren nicht umsonst, und die sind gestorben, damit wir jetzt ein großes, starkes Russland aufbauen. Und deswegen ist der Zweite Weltkrieg so wichtig. Das für die internen Bedürfnisse, aber auch natürlich für die Außenpolitik, nach dem Motto: Die Russen können sich als die ewigen Befreier darstellen. Wir haben schon mal die Welt vom Faschismus befreit, jetzt versuchen wir es erneut. Insofern haben wir wieder diese Kontinuitäten, die da hergestellt werden.

Da haben wir es noch mal. Also die Instrumentalisierung der Vergangenheit für die Gegenwart, das ist eine sehr starke Komponente von Mythos. Was Putin erzählt, ist auch eine Geschichte der Siegeszüge, nach dem Motto: Schauen wir mal auf die andere Seite, nämlich zu dem Land, zu dem Volk, das gerade befreit werden soll, in Anführungszeichen, nämlich zu den Ukrainern. Die eigene Staatlichkeit der Ukraine, die währt ja noch nicht so lange, erst seit 31 Jahren. Welche historischen Begründungslinien für ihre Eigenständigkeit ziehen denn die Ukrainer? Wie sieht ihr Mythos aus?

Da haben wir es noch mal. Also die Instrumentalisierung der Vergangenheit für die Gegenwart, das ist eine sehr starke Komponente von Mythos. Was Putin erzählt, ist auch eine Geschichte der Siegeszüge, nach dem Motto: Alle Nationen haben eigene nationale Mythen. Und ohne Mythos kann wie gesagt keine Nation entstehen und begründet werden. Und der ukrainische Mythos ist, dass sie die ukrainische Staatlichkeit oder die ukrainische Nationalität von der Kiewer Rus ableitet.

Da haben wir es noch mal. Also die Instrumentalisierung der Vergangenheit für die Gegenwart, das ist eine sehr starke Komponente von Mythos. Was Putin erzählt, ist auch eine Geschichte der Siegeszüge, nach dem Motto: Aus dem Mittelalter.

Da haben wir es noch mal. Also die Instrumentalisierung der Vergangenheit für die Gegenwart, das ist eine sehr starke Komponente von Mythos. Was Putin erzählt, ist auch eine Geschichte der Siegeszüge, nach dem Motto: Aus dem Mittelalter.

Da haben wir es noch mal. Also die Instrumentalisierung der Vergangenheit für die Gegenwart, das ist eine sehr starke Komponente von Mythos. Was Putin erzählt, ist auch eine Geschichte der Siegeszüge, nach dem Motto: Der große Verkehrsweg von der Ostsee runter ins Schwarze Meer an den Flüssen entlang, heutige Belarus, Ukraine, Teile Russlands.

Da haben wir es noch mal. Also die Instrumentalisierung der Vergangenheit für die Gegenwart, das ist eine sehr starke Komponente von Mythos. Was Putin erzählt, ist auch eine Geschichte der Siegeszüge, nach dem Motto: Ukraine, Teile Russlands. Aber Kiewer Rus war ein sehr starkes Fürstenrum und hat mit allen europäischen Höfen zusammengearbeitet, kooperiert.

Da haben wir es noch mal. Also die Instrumentalisierung der Vergangenheit für die Gegenwart, das ist eine sehr starke Komponente von Mythos. Was Putin erzählt, ist auch eine Geschichte der Siegeszüge, nach dem Motto: Mit der strahlenden Hauptstadt Kiew.

Da haben wir es noch mal. Also die Instrumentalisierung der Vergangenheit für die Gegenwart, das ist eine sehr starke Komponente von Mythos. Was Putin erzählt, ist auch eine Geschichte der Siegeszüge, nach dem Motto: Mit der strahlenden Hauptstadt Kiew. Und deswegen gilt im ukrainischen Mythos Kiew als das ukrainische Jerusalem.

Da haben wir es noch mal. Also die Instrumentalisierung der Vergangenheit für die Gegenwart, das ist eine sehr starke Komponente von Mythos. Was Putin erzählt, ist auch eine Geschichte der Siegeszüge, nach dem Motto: Das zweite Jerusalem. Die Russen haben das dritte Rom, die Ukrainer haben das zweite Jerusalem. Jeder hat was.

Genau, das zweite Jerusalem. Und nach dem Motto, dass sich die ukrainische Staatlichkeit oder der ukrainische Staatsgedanke oder die ukrainische Nationalität von der Kiewer Rus herleitet. Das ist wichtig für die Ukrainer, um nicht zu sagen: Unsere Staatlichkeit leitet sich vom russischen Imperium ab. Also dass die dann von den Russen abstammen, sondern aus der Kiewer Rus.

Genau, das zweite Jerusalem. Und nach dem Motto, dass sich die ukrainische Staatlichkeit oder der ukrainische Staatsgedanke oder die ukrainische Nationalität von der Kiewer Rus herleitet. Das ist wichtig für die Ukrainer, um nicht zu sagen: Ein Mythos braucht immer den langen Vorlauf, den weiten Rückgriff. Ist das so?

Genau, das zweite Jerusalem. Und nach dem Motto, dass sich die ukrainische Staatlichkeit oder der ukrainische Staatsgedanke oder die ukrainische Nationalität von der Kiewer Rus herleitet. Das ist wichtig für die Ukrainer, um nicht zu sagen: Ja, aber Mythos ist kein statisches Gebilde, sondern es ist eine sehr dynamische Idee. Und sie wird immer den Bedürfnissen, den aktuellen Bedürfnissen angepasst. Insofern, klar, je nachdem wofür man es braucht, so passt man das den Bedürfnissen an. Insofern ist Mythos eine sehr dynamische Größe.

Die Russen bezeichnen Kiew als die Mutter aller russischen Städte. Die drehen das dann um, die sagen: Kiewer Rus, das ist der Vorläuferstaat des russischen Imperiums.

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Unsere Zaren stammen aus Kiew, insofern gehört Kiew zu Russland und ist Kiew eine russische oder ein russisches Staatsgebiet immer gewesen.

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Wir brauchen jetzt nicht zu reden über die Argumentation, dass die Krim immer zu Russland gehört habe, dass die NATO-Osterweiterung absprachewidrig vorgenommen sei. Das würden Sie auch nicht unter Mythen packen, sondern unter Propaganda, oder?

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Ja, unter Propaganda, wobei Putin, man soll Putin nicht unterschätzen. Er ist ein ganz kluger Stratege und Rhetoriker. Und wenn er zum Beispiel behauptet, dass NATO seine Grenzen verletzt hat oder die Versprechungen verletzt hat, dann stimmt das zum Teil, weil nach 1989 hat Amerika Russland, Gorbatschow versprochen, NATO nicht zu erweitern.

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Das war aber nur einmal ein mündlicher Vorschlag, der nirgendwo fixiert worden ist, der nirgendwo schriftlich niedergelegt worden ist und von dem schnell wieder Abstand genommen worden ist.

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Abgesehen davon, dass, sozusagen von anderer Perspektive her gesehen, also NATO hat sich nicht erweitert. Die Staaten wollten Mitglieder von NATO werden. Insofern, dieser Fakt wurde von Putin zwei Mal aufgegriffen, um eben auf sein Recht zu pochen. Aber wir sollen eben das uns auch vor Augen führen, also welcher Argumentation er sich bedient, um dann eben seine Rechtfertigung zu konstruieren.

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Die NATO-Osterweiterung geschah ja auf Wunsch der Staaten, die wiederum eintreten wollten, weil sie Bedenken hatten, dass der russische Nachbar irgendwann wieder unruhig werden würde.

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Zum Beispiel.

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Und die NATO hat ja auch noch die Spezialität, dass man aus der NATO wieder austreten kann, wenn man möchte.

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Und abgesehen davon waren diese Staaten, also nehmen wir jetzt die ost-mitteleuropäischen Staaten, also ich meine das Baltikum, die Ukraine, Polen, die waren keine begeisterten Mitglieder des Warschauer Paktes oder des Ostblocks. Die wurden inkorporiert und von der Sowjetunion besetzt. Insofern galt die Sowjetunion zig Jahre als Besatzungsmacht. Und jetzt stand zur Wahl entweder Amerika, das sich selbst als das demokratische Land schlechthin präsentiert, oder das imperiale Russland. Also welchem von den beiden Ländern soll man sich unterstellen? Und die haben sich dann für Amerika entschieden.

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Jetzt sind wir schon beim Westen. Welche Erzählung wird aus westlicher Sicht denn transportiert, gepflegt? Welcher Mythos steckt hinter dem westlichen Verständnis?

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Es ist ein auch sehr alter Mythos, aber ich würde gerne das Buch von 1992 erwähnen, das Buch von Francis Fukuyama, von dem amerikanischen Politikwissenschaftler, der das Buch verfasst hat unter dem Titel "Das Ende der Geschichte". Und in diesem Buch prognostiziert er, dass die liberale Demokratie in der Welt gesiegt hat. Also nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, Zusammenbruch des Ostblocks, das ist das einzige System, das noch Zukunft hat, und alle Länder werden jetzt bestrebt sein, dieses System anzunehmen.

Genau. Und was zum Teil damit zusammenhängt, dass sich tatsächlich die Dynastien oder zumindest die ersten Zarendynastien, dass sie dann aus Kiewer Rus stammen. Und nach dem Motto: Haben Sie es damals schon geglaubt?

Nein, schon damals habe ich es kritisiert, weil das von der enormen Überheblichkeit und Arroganz zeugt, nach dem Motto: Wir leben in der besten aller Welten, wie es Leibniz mal gesagt hat. Also das ist diese westliche Arroganz, dass das das einzig wahre und brauchbare System ist, und die Werte, die im Westen vertreten werden, das sind die, die die ganze Welt übernehmen soll.

Nein, schon damals habe ich es kritisiert, weil das von der enormen Überheblichkeit und Arroganz zeugt, nach dem Motto: Die auch eine universale Gültigkeit und einen universalen Anspruch haben.

Ja, einen utilitaristischen Anspruch, nach dem Motto: Die Menschheit wird glücklich sein, wenn sie genau diese Werte vertritt und uns folgt.

Ja, einen utilitaristischen Anspruch, nach dem Motto: Hinzu kam noch der Mythos von Wandel durch Handel, dass die Globalisierung dazu führen werde, dass zum Beispiel China oder auch Russland durch den Handel mehr individualistischer würden, durch den Reichtum auch der Menschen, das Bestreben nach Freiheit, Demokratie größer werden würde.

Ja, einen utilitaristischen Anspruch, nach dem Motto: Genau. Da merken Sie, wie falsch manche Theoretikerinnen und Theoretiker lagen, zum Beispiel Hannah Arendt. Hannah Arendt hat behauptet, dass sich einen Krieg nur arme Länder und Staaten leisten können, weil sie nichts zu verlieren haben. Und siehe da, stimmt nicht. Also wir merken, dass dieses neoliberale Denken, Geld regiert die Welt, nicht stimmt und dass diese Kategorien, die verabschiedet wurden, die nicht wahrgenommen wurden, wie Nationalismus, wieder mit neuer Kraft entfachen, unabhängig jetzt von den Geldern.

Ja, einen utilitaristischen Anspruch, nach dem Motto: Polen nimmt eine besondere Rolle ein. Das Verhältnis zur Ukraine war in der Geschichte lange Zeit mehr als angespannt. Mal gehörten große Teile der heutigen Ukraine im späten Mittelalter zum polnisch-litauischen Großreich, im Zweiten Weltkrieg beging der ukrainische Nationalist Stepan Bandera mit seinen Verbänden schwere Verbrechen gegenüber Polen mit zehntausenden Toten. Heute nimmt Polen über eine Million ukrainische Flüchtlinge auf.

Ja, einen utilitaristischen Anspruch, nach dem Motto: Heute nimmt Polen mehrere Millionen ukrainische Flüchtlinge auf, bis zu drei Millionen, hilft mit Geld und Waffen.

Ja, einen utilitaristischen Anspruch, nach dem Motto: Wie ist diese enorme Unterstützung der Polen für die Ukraine in diesem Krieg zu erklären?

Ich bin voll Hochachtung für meine Landsleute, die dann mit so vollem Einsatz die ukrainischen Flüchtlinge unterstützen. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob das ohne Eigeninteresse stattfindet nach dem Motto: Es ist Teil von uns. Wenn in Polen Ukrainerinnen und Ukrainer mit Schwestern und Brüdern bezeichnet werden, dann finde ich es problematisch, weil ich denke, dass es nicht darum geht, dass sie auch Slawen sind oder Christen, sondern dass sie auch mal Teil der polnischen Staatlichkeit waren. Und das zum einen, und zum zweiten geht es auch um die Feindschaft Russland gegenüber, nach dem Motto: Feind meines Feindes ist mein Freund. Weil sie von den Russen verfolgt werden, müssen wir uns mit denen solidarisieren, unabhängig davon, was in der Geschichte vorgekommen ist, weil sie endlich ähnlich zu leiden haben wie wir.

Ich bin voll Hochachtung für meine Landsleute, die dann mit so vollem Einsatz die ukrainischen Flüchtlinge unterstützen. Ich bin mir allerdings nicht ganz sicher, ob das ohne Eigeninteresse stattfindet nach dem Motto: Die Solidarität der Opfer ja auch.

Solidarität der Opfer. Und natürlich will Polen sich als das Land, das opferbereite Land wieder in Europa präsentieren: Schau mal, ihr wollt keine Flüchtlinge aufnehmen, wir/

Solidarität der Opfer. Und natürlich will Polen sich als das Land, das opferbereite Land wieder in Europa präsentieren: Keine Panzer liefern.

Solidarität der Opfer. Und natürlich will Polen sich als das Land, das opferbereite Land wieder in Europa präsentieren: Keine Panzer liefern. Wir machen es. Aber es geht wieder um diese Opferpositionierung. Auch wenn es uns viel Geld kostet, auch wenn wir uns das finanziell nicht leisten können, wir machen es. Und es geht auch um gewisse Selbstdarstellung. (…)

Solidarität der Opfer. Und natürlich will Polen sich als das Land, das opferbereite Land wieder in Europa präsentieren: Und wir Deutschen stehen als die Deppen daneben. Bei Mythen dachten wir immer, da sind wir gebrannte Kinder. Dieser Germanenmythos ist ganz gründlich desavouiert. Eigentlich fühlen wir uns ja als mythenfrei, so nüchtern, abgeklärt, auch geschäftstüchtig, das auf jeden Fall, aber auch friedvoll, ausgleichend in Europa, auch in der EU. Erkennen Sie da auch eine deutsche Nachkriegserzählung, ein Mythos, der jetzt vielleicht auch überholt ist?

Der deutsche Mythos ist jetzt der Besserwisser, nach dem Motto: Wir haben aus der Geschichte gelernt, insofern können wir Lektionen anderen Ländern und Nationen erteilen. Und wir sind gebrannte Kinder und wir wissen, was Krieg bedeutet. Also für mich wirkt das wie eine deutsche Überheblichkeit, diese moralisierende Überheblichkeit. Und insofern ist es für mich ein Mythos, also dass die Deutschen aus der Geschichte gelernt haben, deswegen stehen sie jetzt moralisch besser als andere.

Der deutsche Mythos ist jetzt der Besserwisser, nach dem Motto: Die besten Geschichtsbewältiger weltweit.

Der deutsche Mythos ist jetzt der Besserwisser, nach dem Motto: Man spricht mittlerweile über die deutschen DIN-Normen, was die Geschichtsbewältigung in Europa anbelangt.

Der deutsche Mythos ist jetzt der Besserwisser, nach dem Motto: Wer spricht davon?

Der deutsche Mythos ist jetzt der Besserwisser, nach dem Motto: Ein amerikanischer Historiker spricht darüber, dass die Deutschen gerne hätten, dass alle in der Welt so sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen wie sie selbst.

Der deutsche Mythos ist jetzt der Besserwisser, nach dem Motto: Da kommt hinzu noch der Glaube an den, in Anführungszeichen, guten Putin, dieser naive Blick auf Nord Stream 2. Und dieser Mythos ist jetzt gründlich abserviert.

Die Deutschen haben immer, also immer vielleicht nicht, aber nach meiner Kenntnis seit Friedrich dem Zweiten, dem Großen, wenn Sie mögen, haben sie gewissen Respekt oder großen Respekt vor Russland. Schon damals hat Friedrich der Zweite festgestellt: Nach dem Siebenjährigen Krieg mit Russland muss Deutschland zusammengehen oder kooperieren, sonst verlieren wir also unsere Stellung in Europa. Und ich finde gewisse Traditionen im deutschen Denken und in der deutschen Politik. Und dass dabei diese ganzen anderen Länder, die dazwischen liegen, übersehen werden, ist eine andere Sache, aber/

Die Deutschen haben immer, also immer vielleicht nicht, aber nach meiner Kenntnis seit Friedrich dem Zweiten, dem Großen, wenn Sie mögen, haben sie gewissen Respekt oder großen Respekt vor Russland. Schon damals hat Friedrich der Zweite festgestellt: So wie Nord Stream 2 durch die Ostsee an allen, Polen und Ukrainern, vorbeigeht.

Die Deutschen haben immer, also immer vielleicht nicht, aber nach meiner Kenntnis seit Friedrich dem Zweiten, dem Großen, wenn Sie mögen, haben sie gewissen Respekt oder großen Respekt vor Russland. Schon damals hat Friedrich der Zweite festgestellt: Baltikum, Ukraine vorbei. Also die Länder, sogenannte kleine Länder, werden ignoriert und nicht wahrgenommen, ihre Interessen, Ansprüche, ihre Mythen, nur halt die großen Player. Und man erkennt jetzt, dass das der Fehler war.

Die Deutschen haben immer, also immer vielleicht nicht, aber nach meiner Kenntnis seit Friedrich dem Zweiten, dem Großen, wenn Sie mögen, haben sie gewissen Respekt oder großen Respekt vor Russland. Schon damals hat Friedrich der Zweite festgestellt: Dazu passt eine Aussage von Timothy Snyder, dem US-amerikanischen Historiker, dass er sagt, die Deutschen und die Russen betrachteten die Ukraine immer als Ressource, also eigentlich als riesiges Weizenfeld, das man braucht, um sich zu ernähren, aber ihr jegliche Eigenstaatlichkeit oder auch der Begriff Nation abgesprochen haben, sondern sie ausschließlich als Verfügungsmasse, als Ressource betrachtet haben.

Das stimmt. Und ich erinnere an die Worte von Helmut Schmidt. Er hat gesagt: Na ja, die Ukrainer, das sind doch so halbe Russen. Und man hat Ukrainer nie wirklich wahrgenommen und als eben, wie Sie sagen, selbstständige Nation oder selbstständiges Land. Und so zynisch es auch ist, dieser Krieg hat das Positive gebracht, dass jetzt niemand, hoffe ich, in der Welt und gerade in Deutschland die Souveränität des ukrainischen Staates infrage stellen wird oder dass Ukraine als eine Nation anzusehen ist.

Eine persönliche Frage an Sie: Warum interessiert Sie dieses Thema Fremdbilder, Propagandainstrumente, Mythen, so sehr? Wie kommt das bei Ihnen?

Weil ich merke, dass unser ganzes Handeln darauf fokussiert ist. Wir können nicht ohne Mythen und Feindbilder handeln. Und das ist, wie mehrmals betont, nicht wegzudenken. Und mein persönliches Anliegen ist, sich damit kritisch auseinanderzusetzen und das nicht als gegeben wahrzunehmen, sondern ich frage mich: Woher kommt das, dass wir das brauchen? Warum brauchen wir Feindbilder oder Mythen als Orientierungen?

Weil ich merke, dass unser ganzes Handeln darauf fokussiert ist. Wir können nicht ohne Mythen und Feindbilder handeln. Und das ist, wie mehrmals betont, nicht wegzudenken. Und mein persönliches Anliegen ist, sich damit kritisch auseinanderzusetzen und das nicht als gegeben wahrzunehmen, sondern ich frage mich: Jetzt kommen wir langsam zum Ausblick. Muss Russland tatsächlich den Krieg verlieren, damit sie zur Demokratie finden?

Weil ich merke, dass unser ganzes Handeln darauf fokussiert ist. Wir können nicht ohne Mythen und Feindbilder handeln. Und das ist, wie mehrmals betont, nicht wegzudenken. Und mein persönliches Anliegen ist, sich damit kritisch auseinanderzusetzen und das nicht als gegeben wahrzunehmen, sondern ich frage mich: Wir müssen uns darauf einstellen, dass neue Systeme entstehen, die alles in sich beinhalten, ein bisschen Kolonialismus, ein bisschen Imperialismus, ein bisschen Demokratie. Und wie gesagt, weil alle diese Versuche, konkrete Systeme, konkrete Gedanken wie eben Demokratie, Zivilisation zu etablieren, gescheitert sind. Und wir müssen uns auf diese Mixformen einstellen.

Weil ich merke, dass unser ganzes Handeln darauf fokussiert ist. Wir können nicht ohne Mythen und Feindbilder handeln. Und das ist, wie mehrmals betont, nicht wegzudenken. Und mein persönliches Anliegen ist, sich damit kritisch auseinanderzusetzen und das nicht als gegeben wahrzunehmen, sondern ich frage mich: Auch bei den Mythen dann?

Auch bei den Mythen, dass sie dann sich sozusagen wieder der Realität anpassen. Mythen sind sehr plastisch und elastisch und werden sich immer ändern, und auch die. Aber wir sollen kritische Reflexion bewahren und uns fragen, genau: Wie passen sie sich jetzt der Realität an?

Auch bei den Mythen, dass sie dann sich sozusagen wieder der Realität anpassen. Mythen sind sehr plastisch und elastisch und werden sich immer ändern, und auch die. Aber wir sollen kritische Reflexion bewahren und uns fragen, genau: Ideologen können das nicht. Wenn ich in einer Ideologie verfangen bin, dann geht es ja nur Sieg oder Untergang, so siehe Nationalsozialismus. Sie haben am Anfang behauptet, dass Putin durchaus flexibel sei, dass er nicht einer Ideologie anhängt, sondern Mythen nutzt für seine praktischen momentanen Ziele und da auch pragmatisch bleibt. Glauben Sie, dass er da in der Lage wäre, die Mythen wieder so anzupassen, wie der Kriegsverlauf gerade ist?

Genau. Also wenn er wirklich dazu gezwungen wird, zu kapitulieren oder Kompromisse einzugehen, dann wird er das uminterpretieren als Sieg. Und dann kann er behaupten: Wir wollen nicht so viele Opfer haben, wie wir dann im Großen Vaterländischen Krieg gehabt haben, deswegen habe ich jetzt diesen Krieg gestoppt und habe mich entschieden, nicht mehr zu kämpfen, um unsere Brüder und Schwestern in der Ukraine nicht mehr dem Tod auszusetzen. Also es ist nur die Frage des Anlasses.

Genau. Also wenn er wirklich dazu gezwungen wird, zu kapitulieren oder Kompromisse einzugehen, dann wird er das uminterpretieren als Sieg. Und dann kann er behaupten: Des Frontverlaufs, wie stark die eigenen Bataillone sind. Und die andere Seite, die Ukraine, wären die dazu auch in der Lage? Könnten sie auf die Krim verzichten, auf den Donbas?

Genau. Also wenn er wirklich dazu gezwungen wird, zu kapitulieren oder Kompromisse einzugehen, dann wird er das uminterpretieren als Sieg. Und dann kann er behaupten: Ich fürchte, sie müssen darauf verzichten, und möge es nicht der Fall sein, aber ich glaube nicht, dass die Ukraine die Krim und Donbas wiedererlangen kann, oder ich bin ein bisschen skeptisch, und ich glaube, die Territorien sind verloren. Aber was sie machen werden, werden sie sozusagen auf ihren geschichtlichen Mythen beharren, in denen Donbas und die Krim als fester Bestandteil der Ukraine vorkommen. Und eben diese Mythen werden dann weiterleben, und möge es nicht passieren, aber dann weitere Konflikte produzieren und unterstützen.

Am Ende verstehe ich Sie so: Mythen braucht jedes Volk. Das ist vielleicht auch die nicht so gute Nachricht, dass wir das einfach brauchen. Die gute Nachricht ist aber, dass sie zwar immer weit zurückgreifen, die Mythen, eine ganz lange Geschichte beschwören, aber in der Realität durchaus anpassbar sind.

Am Ende verstehe ich Sie so: Ja, anpassbar, und mögen sie dann auch sich zum Guten wenden und nicht nur zum Bösen.

Am Ende verstehe ich Sie so: Frau Pufelska, nationale Mythen haben ja den Nachteil, dass sie sich häufig dann gegen die Nachbarn auch wenden. Könnte es auch so etwas geben wie einen globalen Mythos, zum Beispiel die Weltenrettung angesichts der Klimakrise, der gemeinsame Feind ist jetzt praktisch das CO2, das wir bekämpfen müssen?

Am Ende verstehe ich Sie so: Grundsätzlich hätte ich nichts dagegen, aber ich bin gegen globale Mythen, weil – im Namen von globalen Mythen sind globale Verbrechen begangen. Insofern bin ich eher dafür, dass man Handlungsinseln oder Handlungsfelder etabliert, die dann mythenfrei sind, wie eben Klimakrise, Migration, Hunger. Und darauf sollen wir uns konzentrieren und die jetzt nicht mythologisch untermauern, auch wenn Mythos, wie ich bereits erwähnt habe, ein Kraftspender ist und vielleicht dabei helfen würde. Aber es kann in die falsche Richtung gehen. Und bei Mythen gibt es immer Leute, die die aufgreifen, aber auch die, die sie kritisieren. Und ich würde diese Handlungsfelder nicht dem Mythos überlassen, sondern einfach der Nächstenliebe, dem Versuch, der Welt zu helfen. Und das muss nicht als Mythos verstanden werden, sondern halt als dringendes Problem.

Am Ende verstehe ich Sie so: Frau Pufelska, vielen Dank.

Am Ende verstehe ich Sie so: Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

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